
Am 13. Oktober 2020 stellte der Senat seinen 2. Fortschrittsbericht zum Stand der Inklusion in Hamburg vor. Darin heißt es im Hinblick auf barrierefreies Bauen:
„Im Rahmen von Umbaumaßnahmen und Sanierungen erhalten außerdem die Schwerpunktschulen entsprechend ihrer jeweiligen Anforderungen eine umfassende barrierefreie Ausstattung.“
Für die Jahre 2020 bis 2025 sollen insgesamt 40,6 Millionen Euro bereitgestellt werden, um „Inklusionsleistungen“ bei bestehenden Schulgebäuden durchzuführen.
Gute Nachrichten?
Nicht für die GSB, denn der nachträgliche Einbau eines Fahrstuhls im Mittelstufenhaus wird von der Schulbehörde weiterhin abgelehnt, wie eine Nachfrage bei Senator Rabe im November 2020 ergab.
Nach wie vor gehört die GSB für die Schulbehörde in Sachen Barrierefreiheit „zu den vergleichsweise sehr gut ausgestatteten Schulen“. Das wirft kein gutes Licht auf den Stand der Inklusion in Hamburg, wenn man bedenkt, dass mehr als die Hälfte aller Klassenräume an der GSB nicht barrierefrei zugänglich sind. Und das, obwohl die GSB eine der größten und ältesten Schwerpunktschulen in Hamburg ist.
Auch hält die Schulbehörde weiterhin an ihrer eingeschränkten Sicht von Barrierefreiheit an Schulen fest. Es reiche aus, wenn Schülerinnen und Schüler mit Mobilitätseinschränkungen einen Klassenraum im Erdgeschoss des Mittelstufenhauses, erforderliche Fachräume sowie die Verwaltung barrierefrei erreichen können.
Was sagt die UN-Behindertenrechtskonvention dazu?
Doch das entspricht nicht dem, was die UN-Behindertenrechtskonvention mit Barrierefreiheit meint. Hier heißt es klar und deutlich, dass Menschen mit Behinderung einen gleichberechtigten Zugang zu öffentlichen Einrichtungen und Diensten, zu Transportmitteln, Informationen und Kommunikation erhalten müssen. Nur so werden eine unabhängige Lebensführung und volle Teilhabe in allen Lebensbereichen möglich.
„Um Menschen mit Behinderungen eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation […] sowie zu anderen Einrichtungen und Diensten, die der Öffentlichkeit in städtischen und ländlichen Gebieten offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, zu gewährleisten. Diese Maßnahmen, welche die Feststellung und Beseitigung von Zugangshindernissen und -barrieren einschließen, gelten unter anderem für a) Gebäude, Straßen, Transportmittel sowie andere Einrichtungen in Gebäuden und im Freien, einschließlich Schulen, Wohnhäusern, medizinischer Einrichtungen und Arbeitsstätten“.
UN-Behindertenrechtskonvention, Artikel 9
Um die Forderungen der UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen, hat die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen im Februar 2019 eine neue Bauprüfdienst-Verordnung „Barrierefreies Bauen“ erlassen. Diese sieht vor, dass „die dem allgemeinen Besucherverkehr dienenden“ Teile öffentlich zugänglicher Gebäude barrierefrei zu gestalten sind. In Puncto Schulen heißt es:
„Die Bereiche in Schulen, die von Schülern genutzt werden und somit als “dem allgemeinen Besucherverkehr dienender Teil” gelten, sind nach DIN 18040-1 barrierefrei zu gestalten. Die dem allgemeinen Besucherverkehr dienenden Schulräume, z. B. Klassen- und Fachräume, Bibliothek, Elternsprechzimmer, Cafeteria, Aula, Sekretariat usw., müssen in dem erforderlichen Umfang barrierefrei sein.“
Treppen sind … als einzige vertikale Verbindung … unzulässig…
Konkret gibt die Din 18040-1 vor: „Treppen sind in öffentlich zugänglichen Gebäuden als einzige vertikale Verbindung unzulässig und müssen durch Aufzüge oder Rampen ergänzt werden.“
Es reicht also nicht aus, wenn gehbehinderte Schülerinnen und Schüler Zugang zu Klassen- und Fachräumen im Erdgeschoss einer Schule haben. Alle Bereiche in Schulen, die von Schülerinnen und Schülern genutzt werden, sind barrierefrei zu gestalten! Nur so wird ein gleichberechtigter Zugang für alle möglich!
Mit dem Vorschlag, das Raumkonzept der GSB dahingehend umzugestalten, dass Klassen- und Fachräume für Schülerinnen und Schüler mit Mobilitätseinschränkungen im Erdgeschoss des Mittelstufenhauses eingerichtet werden, werden diese deutlich in ihrer Teilhabe am schulischen Leben eingeschränkt und überdies zusätzlich stigmatisiert.
Einerseits wirbt die Schulbehörde damit, Schwerpunktschulen weiter auszubauen und barrierefrei zu gestalten. Andererseits lehnt sie einen Fahrstuhl für das Mittelstufenhaus der GSB als Schwerpunktschule weiterhin kategorisch ablehnt. Dies können wir als Eltern weder verstehen noch akzeptieren.
Silke Brockerhoff
Lesen Sie hier, warum ein Fahrstuhl im Mittelstufenhaus so wichtig ist.